Annakapelle

Annakapelle

Die Annakapelle, südlich von Rappottenstein gelegen, steht an jener Stelle, an der sich bis 1820 eine kleine Statue der heiligen Anna befand. Sie steht also an dem einst viel begangenen Kirchenweg von Kleinnondorf nach Rappottenstein. Bei dieser Statue will eine Frau Lichtenwallner aus Kleinnondorf, die dort oft für ihr krankes Kind betete, eine Lichterscheinung bemerkt haben (Die Familie Lichtenwallner wohnte in Kleinnondorf in dem Althaus gegenüber dem Anwesen der Familie Bisich, der dieses Gebäude heute gehört). Die Berichte über diese Erscheinung nahm der Rappottensteiner Töpfer Georg Haslinger, der 1835 im Alter von 71 Jahren starb, zum Anlaß, auf dem Grundstück, das ihm gehörte, eine Kapelle zu errichten. Die Annakapelle wurde also um 1820 erbaut. Laut Kunsttopographie bestand sie aus Bruchsteinen, war weiß gefärbelt, rechteckig, mit halbrundem Abschluß, hatte im Osten eine Gibelwand mit Tür, darüber eine kleine Rundbogennische, im Norden und Süden je ein rechteckiges Fenster und ein abgewalmtes Satteldach. Bis auf wenige Kleinigkeiten sieht die Annakapelle auch heute noch so aus. Statt der Rundbogennische befindet sich über der Tür heute ein dreieckiges Fenster. Die Holzdecke im Inneren ist gewölbt. Der Bau hat – ohne Berücksichtigung der Rundung – eine Länge von 5,30 m und eine Breite von 4,20 m. An Kunstgegenständen sind in der einst reich ausgestatteten Kapelle nur mehr ein Kruzifix und eine Marienstatue, beide aus Holz, vorhanden. Wer weiß heute noch, daß zu dieser Kapelle einmal bis zu 2000 Wallfahrer pro Jahr kamen?

Laut Kunsttopographie waren in der Kapelle einst folgende Skulpturen vorhanden, die aus der Pfarrkirche stammten: Christus im Grab, neu polychromiert, mittelmäßige spätgotische Arbeit, 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Auf der Brust hatte die Statue eine verglaste rechteckige Öffnung mit Erde aus Palästina und einem Pergamentzettel ein gotische Minuskel: Praesepe Jesu Christi de loco ubi Christus oravit in monte oliveti, de monte calvarie, de loco ubi Christus jeunavit, de porta aurea, des janua se puleri Christi, Statue der Muttergottes mit Kind, Holz, schlecht polychromiert (=gefärbelt), 17. Jahrhundert, noch spätgotisch empfunden; In einem Glasgehäuse Statuette, Holz, polychromiert, hl. Josef mit dem Kind, 18. Jahrhundert. 2 Säulenstümpfe mit je einem geringen Putto (=kleiner, geflügelter, meist nackter Knabe), Holz, polychromiert, 18. Jahrhundert. 2 Flammenurnen, Holz, polychromiert, Ende des 18. Jahrhunderts. 2 Engel vor einem Heiligen Grab, Öl auf Holz, ausgeschnitten; gute österreichische Arbeit. An Gemälden waren vorhanden: 4 gute kleine Barockbilder, Öl auf Holz, die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas mit ihren Symbolen und den heiligen Augustinus darstellend, Mitte des 18. Jahrhunderts. Auch ein Bild des heiligen Georg aus dem Jahre 1804, mit griechischer Umschrift, wird genannt. Nach anderen Angaben hat sich in der Kapelle eine alte, recht wertvolle Statue „Der Heiland an der Geißelsäule“ befunden, sowie ein Bild des heiligen Antonius aus dem 18. Jahrhundert. Nur der Umstand, daß die Kapelle ein beliebtes Ziel von Wallfahrern war, erklärt, warum die Annakapelle zu überreich mit Kunstschätzen ausgestattet war.

Wie mir die heutigen Besitzer der Kapelle, Friedrich und Rosa Prozek, Rappottenstein, mitteilten, wurden nach dem 2. Weltkrieg alle diese Kunstgegenstände gestohlen, ausgenommen die beiden erwähnten Barockengel, doch eines Tages waren auch die verschwunden. Wahrscheinlich stehen diese Kunstwerke heute in den Wohnzimmern eigenartiger „Sammler“, die nicht davor zurückschrecken, ihre Wohnungen mit offensichtlich gestohlenen Kunstwerken zu „schmücken“. Bis heute ist jedenfalls keine dieser wertvollen Statuen bzw. eines der Bilder wieder aufgetaucht. Die Familie Friedrich Prozek, Rappottenstein 20, kaufte in den Dreißigerjahren einen Acker bei der Annakapelle und auch das Grundstück, auf dem die Kapelle steht. So kam die Familie in den Besitz des damals recht desolaten Kapellengebäudes, in dem z. B: der Vorbesitzer, ein gewisser Herr Gutentaler aus Rappottenstein, sein Pferd einstellte, wenn es die Arbeit auf dem angrenzenden Feld erlaubte. Mit Unterstützung verschiedener Ortsbewohner richtete die Familie Prozek die Kapelle wieder soweit her, daß sie ihrem ursprünglichen Zweck wieder dienen konnte. Nach Plünderungen nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Bauwerk immer wieder ausgebessert, sodaß ein Verfall vermieden werden konnte.

Erst im Jahr 1982 kam es zu einer Generalsanierung, durch welche die Kapelle das heutige Aussehen erhielt. Die Familie Oberdorfer aus Linz, Zweitwohnsitz in Grötschen und mit der Familie Prozek verwandt, spendete das Kruzifix; vom Gastwirt Ignaz Haider vom Haiderhof, heute Sonnenhof, stammt die Statue der Madonna; die Familie Schöllbauer aus Rappottenstein spendete 2 Bilder. Das Holz für den Dachstuhl gab das Forstamt Rappottenstein, der Fußboden ist eine Spende von Rappottensteiner Geschäftsleuten. Die Tischlerei Steininger, Rappottenstein, fertigte die Eingangstür unentgeltlich an. Das Gitter bei der Eingangstür, von der Firma Haag aus Roiten angefertigt, spendete Frau Neubauer, geborene Prozek. Die Gemeinde unterstützte die Renovierung mit einem Betrag von S 10.000,-. Die Klappsessel holte Herr Prozek vom alten Kino in Schrems. Alle sonstigen Renovierungskosten wurden von der Familie Prozek getragen. Die Weihe der Kapelle nahm Kanonikus Alois Fröhlich, Pfarrer von Rappottenstein, am 25.7.1982 unter großer Beteiligung der Bevölkerung und Mitwirkung der Musikkapelle vor. Auch heute noch gehen mehrere Prozessionen im Jahr zur Annakapelle. Sie erreichen aber nicht im entferntesten die frühere Bedeutung. Die Kapelle ist recht gepflegt, birgt aber keinerlei Kunstschätze mehr.

Im Frühjahr 2009 wurde die Annkapelle neuerlich von den damaligen Besitzern Helga u. Willibald Ertl aus Roiten saniert. Es gab eine Teiltrockenlegung, einen Außeputzerneuerung mit neuer Farbgebung und eine Innenfärbelung. Hierfür waren 180 Arbeitsstunden und 4155,17 Euro erforderlich. 

 Text: OSR Karl Zeisler (Kapellenführer der Marktgemeinde Rappottenstein) aufbereitet von Josef Rauch, Gd. Sek.

Die Annakapelle liegt an einem vielbewanderten Wanderweg auf einer Anhöhe. Ein Bankel  unter kräftigen Birken lädt zu einer gemütlichen Rast mit schöner Aussicht auf den Grötschenwald ein.  (Josef Rauch, Gde.Sek.)

Foto: Josef Rauch, Gde Sek.

Kontakt

Kontaktdaten von Annakapelle
AdresseRappottenstein
3911 Rappottenstein

QR-Code zum Scannen öffnen

Zum Routenplaner

Lageplan vergrößern